Mittwoch, 2. August 2017

HENNES ELEVEN Christian Wörns

Christian Wörns
Rostbratwurst

Ulrich Haberland setzte sich bei den Besatzungsmächten für den Fortbestand der Bayer AG ein.
Zuvor klagten ihn die Alliierten nicht wie andere Vorstandsmitglieder bei den I.G.-Farben-Prozessen an, da seine Vorstandsernennung nur mündlich erfolgte. Somit war keine Aktennotiz vorhanden.
Einer Nachkriegskarriere stand nichts im Wege. Die Briten sahen in ihm eine zukünftige Führungskraft. So wurde er bei der Neugründung der Bayer AG 1951, Vorstandsvorsitzender. Der Fußballplatz neben der Autobahn wurde noch zu Lebzeiten nach ihm benannt.

Am 18.11.1995 trafen sich dort im kapitalistischen Schwesternduell, Bayer 04 und Uerdingen 05. Bei denen hatte sich der große Tablettenkonzern, kürzlich erst aus dem Namen verabschiedet. Das Geld blieb aus, der KFC Uerdingen 05 stieg in der Folge ab. Das Oberhaus hat Krefeld seither nicht mehr gesehen. Nur der Gegner heißt manchmal noch Oberhausen.
Wir saßen auf der Gegengerade. Oder wie sie hier hieß, Familystreat. Drei befreundete Bayer Fans und ich, in der Hochphase unserer Pubertät. Die Karten gab es umsonst. Mit uns waren 18.600 Zuschauer zugegen.

Den eigentlichen Moment, in dem sich Christian Wörns in die Hennes Eleven spielte, habe ich gar nicht genau mitbekommen. Wir alle vier nicht. Es war ein Grottenkick. Nach einer Ecke für’n Bayer, entwickelt sich im Fünfmeterraum ein Gestocher um den Ball. Ein Knäuel aus Spielern. Die Einen schaffen es nicht den Ball im Tor unterzubringen, die Anderen es nicht ihn rauszuschlagen. Irgendwann ist er dann doch drin. Wie und wer? Keine Ahnung!

Status Quo plärrt aus den Boxen. Zwei pixelige Hände schlagen auf der hochmodernen Anzeigetafel ineinander. Um mich rum springen alle auf. Der Bayer hat ein Tor geschossen. Immerhin haben sich hier alle schnell wieder im Griff. Man setzt sich wieder. Mich hatte es nicht vom Sitz gehauen.
Der Stadionsprecher verkündet den neuen Zwischenstand.
„Torschütze. Der Spieler mit der Nummer vier…“

Ich springe hoch. Reiße beide Arme in die Luft. Drehe mich einmal um die eigene Achse. Zeige zugleich Bäcker Faust und Kuntz Säge. Interpretiere Roger Millas '90er Fahnentanz in '95 und brülle enthusiastisch heraus: „Jawoll! Der Wöri war`t!“
Mütter wie Väter halten ihren Kindern die Augen zu. Rentner klammern sich ängstlich aneinander fest.
Warum geht der denn jetzt so ab, ist die sich raumgreifende Frage.

Zwei meiner Freunde lachen lauthals auf und klatschen in die Hände. Sie wissen worauf meine Freude fußt. Der Andere sackt in sich zusammen, senkt den Kopf und hält sich die Hände vors Gesicht. Er hat einen kapitalen Bock geschossen.
Auf dem Weg ins Stadion hat er für den Fall der unmöglichsten Fälle, eine hohe Prämie ausgelobt. „Wenn der Wöri heute ein Tor macht, dann gebe ich jedem von euch `ne Rostbratwurst aus!“
Ich hörte nur Nummer 4 und wusste, die Beute ist im Sack. Christian Wörns hatte getroffen. In der Halbzeitpause gab es Rostbratwurst mit ordentlich Senf drauf. Der war ja auch umsonst. Preisleistungsverhältnis ist das Stichwort.

Bei ran sah ich später am Abend, der Wöri hatte ihn mit der Kniescheibe gemacht. Er konnte einfach nicht mehr wegziehen bevor er angeschossen wurde. Den Rest des Spiels habe ich null in Erinnerung. Ich dachte auch das Spiel ging 1:0 aus. Aber selbst das stimmt nicht. Wie es ausging? Das könnt ihr selber nachschauen. Musste ich ja auch.
Am Ende der Saison weinte dann Andi Brehme – der konnte links wie rechts - in Rudi Völlers Armen. Mit diesem romantischen Bild entlasse ich in die Nacht. Auf Wiederlesen.

 Gute Freunde kann niemand trenenn

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